
Frau K. ist fassungslos. Seit Jahren ist sie aufgrund einer schweren Erkrankung erheblich körperlich eingeschränkt und auf Hilfe im Haushalt sowie bei der Körperpflege angewiesen. Sie ist an einen Rollstuhl gefesselt und muss rund um die Uhr versorgt werden. Aus diesem Grund bezog sie bereits Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gemäß der Pflegestufe III. Nun erreicht sie ein Bescheid ihrer Krankenkasse, mit welchem diese feststellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Pflegestufe III nicht mehr vorliegen. Ihr Zustand habe sich gebessert, so dass zukünftig Leistungen nur noch gemäß der Pflegestufe II gezahlt werden.
Nach erfolgtem und zurückgewiesenem Widerspruch haben wir Frau K. vor dem zuständigen Sozialgericht vertreten. Dieses holte ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ein.
Pflegebedürftig im Sinne des Gesetzes sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können (§ 14 SGB XI). Die Einstufung in die verschiedenen Pflegestufen hängt dabei von der Schwere der Pflegebedürftigkeit ab.
Bei Frau K. wurde schließlich eine Pflegebedürftigkeit festgestellt, welche die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Pflegestufe III begründet. Eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes war auch aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht zu erwarten.
NEUE PFLEGEGRADE
Aufgrund der grundlegenden Erneuerungen der Pflegeversicherung wurde die Frau K. zuerkannte Pflegestufe III mit dem 01.01.2017 in den neuen Pflegegrad 4 übergeleitet.
Anstelle der drei Pflegestufen gibt es nun fünf Pflegegrade. Bislang wurde die Pflegebedürftigkeit vor allem an körperlichen Einschränkungen gemessen, wohingegen sie sich nun stärker an geistigen und seelischen Beeinträchtigungen orientiert.
So steht nunmehr der Grad der Selbstständigkeit jedes Einzelnen im Mittelpunkt. Dabei wird durch Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) oder anderer Prüforganisationen beurteilt, inwieweit ein Mensch sich noch selbst versorgen kann und ob bzw. in welchem Ausmaß Unterstützung durch andere notwendig ist. Vorteilhaft ist das neue System vor allem für Menschen, die unter Demenz leiden. Diese waren bisher benachteiligt, da sie zumeist körperlich gesund sind, aber dennoch ein hohes Maß an Hilfe benötigen. So bringt das Pflegestärkungsgesetz ab 2017 eine leistungsrechtliche Gleichstellung von demenzkranken und körperlich erkrankten Pflegebedürftigen.
Bei der Umrechnung der bisherigen Pflegestufen in Pflegegrade gem. § 140 SGB XI gilt dabei der sog. Bestandsschutz, der dafür sorgt, dass durch die Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrad niemand schlechter gestellt wird.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich in der Regel niemand einer erneuten Begutachtung unterwerfen muss, bei dem bereits bis zum 31.12.2016 eine Pflegestufe anerkannt wurde. Allen bereits anerkannten Pflegebedürftigen weist deren Pflegekasse automatisch anstelle ihrer bisherigen Pflegestufe den entsprechenden Pflegegrad zu.
Die Überleitung erfolgt dabei wie nachfolgend dargestellt:
* e.A. = eingeschränkte Alltagskompetenz
Eine "Eingeschränkte Alltagskompetenz" besteht bei Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege, bei denen neben dem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung zusätzlich ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung vorliegt. Dies sind Pflegebedürftige mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, bei denen aufgrund der Krankheit oder Behinderung Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens festzustellen sind.
Als Leistungen gewähren die Pflegekassen vollstationäre Pflege, sonstige Pflegesachleistungen und Pflegegeld. Der Umfang der Leistungen ist dabei abhängig von dem erteilten Pflegegrad. So erhält beispielsweise ein Pflegebedürftiger seit 2017 monatlich Pflegegeld in folgenden Höhen:
Pflegegrad 1 125,00 €
Pflegegrad 2 316,00 €
Pflegegrad 3 545,00 €
Pflegegrad 4 728,00 €
Pflegegrad 5 901,00 €
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